Grosseinsatz für kleinen Gast


(
Bild: Schatz)

Seit wann sie schon bei uns hauste, wissen wir nicht. Vielleicht hatte sie sich schon im letzten Herbst in einer versteckten Ecke unserer Wohnung einquartiert, um ihren Winterschlaf zu halten, und ist nun, warum auch immer, vorzeitig erwacht.

Jedenfalls sauste die kleine Fledermaus gestern Morgen auf einmal kreuz und quer und völlig geräuschlos durch unsere Zimmer. Ich öffnete kurz das Fenster, um die ihr die Gelegenheit zu geben, nach draussen zu flüchten, aber der Winzling machte (Kunststück, bei der Kälte!) keinerlei Anstalten, sein fussbodenbeheiztes Daheim zu verlassen.

Als unser Gast am Abend immer noch da war – er hing inzwischen kopfüber an der Decke und ich war mir sicher, ihn friedlich vor sich hinschnärcheln zu hören – begannen mein Schatz und ich, uns Sorgen um sein Wohlergehen zu machen.

Irgendwann, dachten wir, muss so ein Geschöpf ja auch etwas essen, und weil nicht anzunehmen war, dass Tess ihr Futter mit unserer Besucherin teilen würde, wählte ich auf Anraten einer microchiropteraaffinen Freundin kurzentschlossen die Nummer der rund um die Uhr besetzten Hotline von Fledermausschutz Schweiz.

Die diensthabende Expertin riet uns, das Tier süüferli herunterzunehmen, in eine mit weichem Papier ausgelegte Schachtel zu legen und es so schnell wie möglich in die Wildstation Landshut in Utzenstorf zu bringen.

Das war leichter gesagt als getan. Weil die Fledermaus sich mit ihren Krällchen fest in einer Spalte verhakt hatte, bedurfte es dreier Personen, um die Mission erfolgreich zu Ende zu bringen: Unsere Nachbarin Nicole chnübelte das Tier, auf dem Sofa balancierend, aus dem Holz, Chantal hielt sie von unten fest, und ich stand daneben mit der Kartontrucke bereit.

Schliesslich hatten wir die Fledermaus unversehrt in der Schachtel verstaut. Um sicherzugehen, dass das Tier nicht entwischt – es streckte bereits ein Füsschen durch eines der Luftlöcher  – betteten wir es in einen Behälter um, in dem Nicole normalerweise ihre nicht fliegenden Mäuse transportiert. Dann suchten wir für Vladi, wie wir unseren Findling nannten, ein kühles, dunkles Plätzchen zum Übernachten.

Heute Morgen fahren wir mit ihm nach Utzenstorf, um ihn professionellen Pflegern zu übergeben.

Wer weiss: Vielleicht sehen wir ihn schon in einem halben Jahr wieder, wenn er mit seinen Kumpels um unser Haus kreist.

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