2547 Sterne sind aktuell im Walk of Fame in Los Angeles eingelassen. Von A wie Abba bis Z wie ZZ Top – wer in der Unterhaltungsindustrie je eine grössere Rolle gespielt hat oder nach wie vor spielt, wird von der Handelskammer von Hollywood seit 1957 mit einem gravierten Symbol geehrt (wobei: Abba fehlen auf dem kilometerlangen Trottoir ebenso wie ZZ Top und Toto und Bob Dylan und die Beatles oder die Rolling Stones; dafür sind mit Julio Iglesias, Andrea Bocelli, Heidi Klum und Siegfried und Roy Zeitgenossen vertreten, die im Gruselkabinett der Geschichte sicher besser aufgehoben wären, aber wenn dieser Abschnitt mit „Von A wie Bud Abbott bis Z wie Adolph Zukor“ begonnen hätte, wären 998 von 1000 Lesern, ob ihres Nichtwissens aufs Peinlichste berührt, in ihre Bibliotheken gehastet, um die Bildungslücken in Sachen „Abbott“ und „Zukor“ huschhusch zu stopfen, und wenn sie, vor dem lodernden Kaminfeuer fast platzend vor Wohlbehagen auf ihre mit Bisonleder bezogenen Louis XXX-Sofas gefläzt, gerade so schön dabeigewesen wären, sich intellektuell mal wieder so richtig nordkoreamässig hochzurüsten, hätten sie auch noch dieses nachgeschaut und nach jenem geblättert und irgendwann beschlossen, lieber gleich liegenzubleiben, statt starren Ganges in mein virtuelles Stübchen hier zurückzukehren).
Jedenfalls: Gestern bummelten wir den Walk of Fame ab. Anfänglich taten wir das mit der gebotenen Ehrfurcht, doch diese wich bald einer routinierten Nonchalance. Bryan Adams, Aretha Franklin, Greta Garbo, Chuck Berry, Michael Jackson oder die Simpsons: Letztlich sind das alles nur Namen oder vielmehr: Öltropfen für eine endlos ratternde gigantische Geldmaschine, und wenn man diesen Standpunkt erst einmal entdeckt hat, hört man auf, unentwegt auf den Boden zu starren und fragt sich stattdessen lieber, wie wohl die drei Showgirls aussehen mögen, die das „Déja vu“ auf der anderen Seite der Strasse als „ugly“ anpreist, und wenn ja, warum nicht.
Falls jemand mich fragen würde – was erfahrungsgemäss aber eher selten passiert – würde ich vorschlagen, in jedem Land der Welt einen Walk of Shame mit, zum Beispiel, stilisierten Toilettensitzen statt Sternen anzulegen. Auf diese dürfte jedermann und -frau den Namen von Leuten gravieren lassen, für die man, wenn man etwas weiter südlich wohnen und über ein Minimum an handwerklichem Geschick verfügen würde, längst eine Voodoo-Puppe gebastelt hätte.
Bei Bedarf sucht man die Steinplatte auf und reinigt seine Psyche unter Absingen wüster Lieder, dass Gott erbarm fluchend oder über dem Schriftzug stumm Körpersäfte absondernd porentief rein. Das schützt vor Frustrationen und Aggressionen, beseitigt Komplexe und senkt die Kriminalitätsrate auf knapp Null. Die Finanzierung einer solchen Anlage wäre folglich ein klarer Fall für die Krankenkasse.
Um der Transparenz Genüge zu tun: Ich habe im Geiste bereits sechs Tafeln reserviert. Die Namen, mit denen ich sie beschriften liesse, behalte ich aus Datenschutzgründen für mich.
Und, klar: Auch mir würde wohl eher früher als später die eine und andere Platte gewidmet. Ich könnte damit aber wesentlich besser leben als mit der Vorstellung, bis in alle Ewigkeit zwischen Julio Iglesias und Heidi Klum liegen zu müssen.