Katerjammer

Nicht, dass er die ganze Zeit vor meiner Haustüre sitzen oder sich auf der Holzbeige an der Wand räkeln müsste – aber langsam mache ich mir schon ein wenig Sorgen: Seit Tagen habe ich meinen Nachbars jungen Kater nicht mehr gesehen.

Natürlich: Es wird langsam Frühling. Durch die Burgdorfer Oberstadt schleichen junge Büsi, die den Winter in irgendwelchen Wohnungen verbringen mussten und die jetzt endlich wissen wollen, ob der Sinn ihres Lebens wirklich nur darin besteht, darauf zu warten, dass Frauchen das nächste Sheba-Büchsli mit Rindsfilet an Morchelsauce aufreisst.

So betrachtet, kann ich davon ausgehen, dass es meinem Nachbars Kater gut geht; vermutlich streunt er in diesem Moment, „this is real life, baby“ von den Simple Minds vor sich hinsummend, durch die Gassen und verspricht jeder Katze, die ihm über den Weg läuft, das Blaue vom dunklen Himmel herunter. Den Geräuschen nach zu urteilen, die ich nachts manchmal höre, funktioniert der alte Trick immer noch wunderbar.

Tagsüber dürfte das Quartier-Raubtier ebenfalls ziemlich beschäftigt sein: Immerhin zwitschern in den Bäumen seit Kurzem zig Vögel, nicht ahnend, dass das grau-schwarze Etwas da unten nicht zum Spielen da ist.

Nur: Wegen all dieser Aktivitäten braucht man sich vor seinem besten Freund (oder, je nach Standpunkt: diesem Typ von nebenan) ja nicht gleich so rar zu machen. Immerhin hat der einen schon illegalerweise im Treppenhaus übernachten lassen, als es zum draussen Übernachten auch für Pelzträger entschieden zu kalt war. Von den vielen Streicheleinheiten, die man dank dieses Menschen und dessen Freundin schon genossen hat, nicht zu reden.

Aber gut: Ich bin deswegen nicht eingeschnappt oder so. Die nächsten Pouletreste fliegen einfach in den Abfallkübel statt aus dem Fenster.

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