„Value Proposition“, „Venture Capital-Finanzierung“, „Pareto-Prinzip“, „Acceleratoren-Konzept“, „Bisoziation“ oder „Kopfstanddenken“: Seit gut einer Woche rasen jeden Tag Begriffe durch meinen Kopf, von denen ich nie zuvor gehört hatte – oder die mir zwar irgendwie bekannt vorkamen, mit denen ich jedoch bis vor Kurzem nichts anzufangen wusste.
Auf meinem Schreibtisch im Kursraum der Santis AG in Bern – sie ist laut ihrer Website spezialisiert auf „Ausbildungsbedarfsorientierung mit Professionalität, Zielorientierung und Praxistransfer“ – türmen sich Ordner, Bücher und Merkblätter voller Zahlen, Statistiken, Tabellen und längstfädiger Erläuterungen. Den Blick zur Ablenkung zwischendurch in die Nähe schweifen zu lassen, bringt wenig: Die Wände um mich herum sind vollgeklebt mit Papieren, auf denen stichwortartig zusammengefasst ist, was wir schon diskutiert haben oder demnächst besprechen werden.
Wenn wir zweimal pro Tag ein Viertelstündchen Pause haben, denke ich…überhaupt nichts mehr, weil das Gehirn dermassen voll ist, dass es sich komplett leer anfühlt. Die Abende verbringe ich, ohne viel vom Gesehenen mitzubekommen, vor dem Fernseher. Meist gehe ich noch vor den Hühnern Schildkröten ins Bett.
Bis Ende März verbringe ich meine Tage hier, im Geschäftsführerkurs der Berner Amtes für Wirtschaft (beco). Zusammen mit elf gleichgesinnten Damen und Herren und mit Hilfe eines Lehrers, der sich erstaunlich erfolgreich darum bemüht, uns die bisweilen völlig abstrakt wirkende Materie zu vermitteln, bereite ich mich mit grossem Enthusiasmus auf etwas vor, woran ich schon zu meinen Aktivzeiten bei der Berner Zeitung hin und wieder schemenhaft gedacht hatte: den Schritt in die berufliche Selbstständigkeit.
Ein Zurück gibt es (jedenfalls für mich) nicht mehr, selbst wenn der Lernstoff noch so komplex ist (oder manchmal auch nur so komplex scheint): Am 1. Mai eröffne ich
am Burgdorfer Kronenplatz,
mitten in der Oberstadt, in einem holzgetäferten, überaus heimeligen und mit einem uralten Kachelofen ausgestatteten Büro mein eigenes Geschäft. Was ich unter welchem Firmennamen wem anbieten werde, darf ich aus juristischen Gründen noch nicht perfekt auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt kommunizieren verraten, weil mir der Kanton sonst die Kursgelder streicht.
Deshalb fürs Erste nur soviel: Genauso, wie sich ein kleines Kind hinter der verschlossenen Stubentüre am Weihnachtsabend darauf freut, den Christbaum zu sehen, plange ich darauf, mit meiner Einmannagentur endlich loslegen zu können.
Und damit: zurück ins Schulungslokal. Heute stehen Steuer- und Versicherungsfragen auf dem Programm. Frei nach AC/DC: „It’s a long way to the top if you wanna rock’n’roll“, aber ein vielversprechender. Von 489 Leuten, die zwischen 2005 und 2009 „meinen“ Geschäftsführerkurs absolviert haben, sind bis heute deren 383 auf dem Markt aktiv. Sie schufen 132 Vollzeit- und 201 Teilzeitstellen und bilden insgesamt 21 Lehrlinge aus.
Nachtrag 27. März: Et voilà.
Nadann; wie die AC/DC schreien – aber nicht zu laut – ist’s doch noch ein long way!
GutStart! Mit Grüssen von Res