Grosse Musik im kleinen Kreis

Das ging aber schnell: Kaum sind Skinny Machines, eine ebenso talentierte wie sympathische Band aus London, aus dem Emmental nach Great Britain zurückgekehrt, geben die jungen Herren samt dem Burgdorfer Dan Roth am Schlagzeug ein Comeback in der Schweiz. Ende März nehmen sie in Iseltwald ihre erste CD auf. Mit der selbstironisch „Rare Demo“ getauften Minischeibe haben sie bereits einen ersten Schritt auf dem Weg zum Silberling gemacht.

„Von unserem Management auf der Insel haben wir uns getrennt, weil wir endlich vorwärts kommen wollen“, sagt Roth. „Es hat keinen Sinn, monatelang auf einen Termin zu warten, an dem wir ins Studio können. Im dümmsten Fall sind uns die Songs halb verleidet, wenn es irgendwann soweit ist.“ 

Statt weiterhin vom Goodwill eines Bürolisten abhängig zu sein, der sich noch um x andere hoffnungsvolle Musiker kümmert (oder eben nicht), nahmen Skinny Machines die Sache nun selber in die Hand. Und fuhren vor ein paar Tagen mit ihrem alten Lieferwagen voller Instrumente und Equipment erneut von London nach Burgdorf, wo sie Roths Mutter Christine mit Freuden (und, zum Beispiel: Waadtländer Saucissons) verpflegt, beziehungsweise nach Oberburg, wo sie schon bei ihrem letzten Aufenthalt im Emmental eine Wohnung gemietet haben, um sich auf die Plattenproduktion vorbereiten zu können.

Weils nicht schaden kann, sich bis zum Gang in Studio noch ein wenig Live-Routine anzuspielen und weil der Zins ja irgendwie bezahlt werden muss, treten Skinny Machines in diesen Tagen an Orten auf, die unterschiedlicher kaum sein könnten: Nach einem Engagement im Luzerner „Schweizerhof“ stöpselte der flotte Vierter seine Instrumente am Samstagabend kurzerhand und ohne dafür gross Werbung zu machen, im Café Anna in der Burgdorfer Altstadt ein.

Vier Stühle, ein paar Deckenlampen, ein Mischpult und etwas Strom: Mehr brauchen die Musiker nicht, um den Gig zu einem Ereignis zu machen, an das sich die vielleicht 30 Gäste noch ein ganzes Weilchen mit grossem Vergnügen zurückerinnern werden. Um etwas Abwechslung in den Probenalltag zu bringen und um mal zu sehen hören, wies ohne elektronische Vollverstärkung klingt, betritt das Quartett von der Insel Neuland: Es spielt ein rein akustisches Set. Die erste und einzige Probe dafür erfolgte wenige Stunden vor dem Auftritt, wie Gitarrist und Sänger Jay Marsh in einer Rauchpause vor dem Restaurant sagt.

Mehr zu üben brauchte die Band – die übrigens nicht nur zum Arbeiten in der Schweiz ist – nicht: Harmonisch tiptopp aufeinander abgestimmt, legten die sehr auf eingängige Melodien und knackige Riffs erpichten Alternativrocker zwei Stunden lang musikalische Mosaiksteine nebeneinander, die am Ende ein sehr facettenreiches und gleichzeitig bemerkenswert homogen wirkendes Bild ergeben. 

„Eines Tages“, denkt man, während man sich bemüht, Annas hausgemachtes Tiramisu nicht in einem Stück zu vertilgen und sich fest vornimmt, nicht gleich noch drei Portionen zu bestellen, „eines Tages kommen die ganz gross heraus. Irgendwann spielen die im platschvollen Stade de Suisse, mit ‚Muse‘ oder so als Vorgruppe.“

Das wäre ganz im Sinne von Leadsänger Marsh, der, bei aller Locker- und Liebenswürdigkeit, die er auf der Bühne ausstrahlt, eine ordentliche Portion Ehrgeiz in das Projekt „Skinny Machines“ steckt. Er hat seinen Job für die Musik aufgegeben und begründete diesen Schritt in einem Gespräch mit dem „Independent“ so:  „Being successful in the music industry doesn’t simply come down to raw musical talent. It also needs to be approached as if it were a business, in the same way as being a self-employed plumber or electrician.“  

Andrerseits: Wenn die Jungs erst einmal gross sind, ist es womöglich bis auf Weiteres vorbei mit spontanen und ungekünstelten Mini-Gigs wie gestern bei Anna. So gesehen…

 

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