Corona und seine Auswirkungen auf die Psyche der Tiere: Das ist, glaube ich, ein von der Wissenschaft noch weitgehend ungepflügtes Feld, aber damit eilt es ja nicht; im Moment gibt es sicher noch Wichtigeres zu erforschen.
Physisch scheint alles klar zu sein: In der Schweiz stellen Tiere für Menschen kein Infektionsrisiko dar. Sie verbreiten das Virus, zumindest hierzulande, nicht weiter, wie das Bundesamt für Gesundheit schreibt.
Aber: Reden Katzen, wenn sie sich auf einem Dach treffen, genauso automatisch über die Seuche wie die Menschen von Balkon zu Balkon? Zwitschern die Spatzen einander frühmorgens die neusten Infektionszahlen zu? Achten Goldfische in ihren Gläsern pingelig darauf, voneinander zwei Meter Abstand zu halten?
Anzeichen dafür, dass Häftlinge in Zoos sich anders verhalten als vor dem Einmarsch der Truppen des allmächtigen Covid-19, gibt es. Die Affen zum Beispiel würden normalerweise intensiv den Besucherinnen und Besuchern zuschauen, sagte Kurator Adrian Baumeyer vom Basler Zolli gegenüber dem St. Galler Tagblatt. Jetzt, wo die engsten Verwandten wegblieben, mache sich bei ihnen Langeweile breit.
Die Zebras seien ständig am Beobachten, wer an ihrem Gehege vorbeigeht. Das habe mit den Instinkten zu tun: Ihre natürlichen Feinde würden nie in Herden auftreten. Bei den paar wenigen Leuten, die nun durch die Anlage schlendern, wüssten sie deshalb nie, ob es sich um harmlose Gäste oder blutrünstige Jäger handelt.
Für Hunde und Katzen herrschen aktuell paradiesische Zustände: Ihre Chefinnen und Chefs verbringen ihre Zeit im Home Office oder – die Übergänge mögen in Einzelfällen fliessend sein – vor dem Fernseher, die Kinder haben ebenfalls Hausarrest. Eine Rundumdieuhr-Bespassung ist also gewährleistet.
Der einen Freud ist der anderen Angst: Unzählige Betreiberinnen und Betreiber von Tierhorten und -hotels liegen, von Existenzsorgen geplagt, seit vielen Nächten wach, weil ihnen ein grosser Teil ihrer Kundschaft abhanden kam.
Nicht nur die Tierhalterinnen und -halter nutzen die Zwangspause, um mehr Zeit mit ihren Lieblingen zu verbringen. Auch Menschen, die selber keine Haustiere haben, werden immer öfter in vierbeiniger Begleitung gesichtet. Sie leihen sich regelmässig den Hund des Nachbarn aus, um die eigenen vier Wände allen bundesrätlichen Weisungen zum Trotz für ein Stündchen verlassen zu dürfen, ohne dafür böse Blicke zu ernten.
Von dem Bedürfnis nach Bewegung und frischer Luft profitieren Krisengewinnler in Spanien: Die sogenannten Opportunistas Coronas vermieten Hunde für Spaziergänge. Falls dieses Modell Schule macht, müssen junge Leute, die sich ihr Studium bisher damit finanzierten, anderer Leute Dackel, Labradore oder Golden Retrievers auszuführen, sich bald nach alternativen Einkommensquellen umsehen.
Für einige von ihnen dürfte das kein Problem sein: Wer sich mit Vögeln statt mit Hunden das eine und andere Nötli hinzuverdienen will, meldet sich einfach beim nächstbesten Escortservice.
Was Tess betrifft: Abgesehen davon, dass sie rund um die Uhr befürchtet, in den nächsten zehn Minuten elendiglich zu verhungern – dieses Gefühl hat aber nichts mit Viren zu tun; das kennt sie seit dem Tag ihrer Geburt – geht es ihr prächtig.
Gestern feierte sie ein Wiedersehen mit Hans-Peter Horisberger. Der Burgdorfer Metzger zählt seit jeher zu ihren allerbesten Kumpels und weiss, was er zu tun hat, um sich ihre Gunst zu erhalten: Kaum hatte er die Meite auf dem Parkplatz hinter seinem Laden entdeckt, eilte er zur Auslage und holte für sie eine Hampfele Ghackets.
Tiptopp zwäg ist auch Tess‘ Freundin Nanuk aus dem aargauischen Fricktal. Sie beugte Futterengpässen vor, indem sie unmittelbar nach dem Lockdown begann, Toilettenpapier gegen Gudis einzutauschen.