Wenn eine ehemalige Miss Schweiz nicht mehr alle zwei Wochen das Titelbild der Schweizer Illustrierte ziert, wird sie Schauspielerin oder „aufgestellte und charmante Moderatorin für Ihren Event“ oder Komikerin oder die Ex-Freundin eines TV-Stars. Hauptsache, sie hat weiterhin „was mit Medien“ zu tun und die Gewissheit, dass immer eine Kamera oder ein Mikrofon in der Nähe ist oder zumindest irgendwo ein Reporter herumlungert, der für den nächsten Tag ums Töten noch eine Geschichte braucht („mach 50 Zeilen über diese Toyboy oder wie die heisst!“) und den sie folglich mühelos davon überzeugen kann, dass auch ihre Haarlänge von nationalem Interesse ist.
Linda Fäh, die Miss von 2009, denkt nach unzähligen Autogrammstunden in Warenhäusern, Fotoshootings mit Elefanten, Preisübergaben an Viehzüchter und diversen Home-, Hotel– und Bergstories ebenfalls nicht daran, sich aus dem Rampenlicht der Öffentlichkeit zurückzuziehen.
Mit „Du oder keiner“ lanciert die 27jährige Ostschweizerin heute eine CD, auf der sie sich, wie es auf ihrer Homepage heisst, „der Liebe in all ihren Facetten“ widmet. Das Video zur Single lässt allerdings lange offen, ob mit „Du“ ein Mensch gemeint ist oder ein Nutztier:
Leider bin ich noch nicht dazu gekommen, mir die „absolut moderne Popschlager-Produktion* anzuhören. Laut dem Pressetext klingen die „gefühlvollen Hymnen“ und „epischen Liebeserklärungen“ des „Stimmwunders“ „sehnsüchtig und poppig zugleich“ und decken „mit einem treibenden Beat und vereinzelten Gitarrenschleiern“ die komplette Palette „von tanzbar bis verträumt“ ab. Alles in diesen „ungemein grossen, gefühlvollen Songs“ klinge „nach Weite“ und gebe „Raum zum Entfalten“.
Selbstredend überzeugt das Opus Missum auch textlich auf der ganzen Linie: „In Ohnmacht hätte ich ’ne Mund-zu-Mund-Beatmung frei“, schäkert „die Allrounderin, die seit ihrem fünften Lebensjahr singt und Gitarre spielt“. Kaum wiederbelebt, schmachtet sie, „hier bleibt die Zeit für uns stehen“.
Manch einer, der nicht zu Fähs Fanclub gehört, mag Letzteres eher als Drohung denn als Versprechen empfinden, aber egal: „Das Karussell des Lebens“ dreht sich so oder so immer weiter, und auf dieser Endlosfahrt im Kreis herum wird „manch ein Traum gelebt, während andere verpuffen“.
Inhaltlich scheint „Du oder keiner“ also kaum Wünsche offen zu lassen. Was das Cover der CD (siehe Bild oben) betrifft: Nun ja. Etwas in der Art des
weissen Albums der Beatles
oder
„Black“ von Metallica
würde bei unentschlossenen Kunden amänd intensivere Kaufimpulse auslösen als dieser Albtraum in Hellblau und Weiss, der aussieht, als ob Christoph Blocher eine neue Helvetia hätte malen dürfen.