Dass Journalistinnen und Journalisten gerne schreiben, ist keine umwerfend neue Erkenntnis.
Dass Journalistinnen und Journalisten aus ein und derselben Redaktion nebenbei Kurzgeschichten veröffentlichen oder ganze Bücher verfassen – und alle zwei Jahre auch noch miteinander dem Theater frönen – , dürfte allerdings Seltenheitswert haben. Und den einen oder anderen Rückschluss auf das Betriebsklima zulassen.
Irgendwo auf der Emmental-Redaktion der BZ muss ein Schreibgeist hausen, der nicht nur dafür sorgt, dass wir jeden Tag eine Zeitung mit mehr oder weniger geistreichen Inhalten füllen können. Sondern dem offensichtlich sehr daran liegt, dass wir uns auch ausserhalb des Büros literarisch betätigen.
Zum ersten Mal aktiv wurde der Geist vor zwei Jahrzehnten. Damals begann er, meinen Kollegen Hans Herrmann zu inspirieren. Unter dem Titel „Vorhang auf, wir spielen Burgdorf“ brachte er – Hans, nicht der Schreibgeist – eine Sammlung von Kurzgeschichten unters lesende Volk. Zwei Jahre später folgte das Kabarettprogramm „Hurra, wir sind im falschen Film“. Dann verfasste Hans den Roman „Der Untermieter“ und würdigte den Dichter Ernst Marti mit der Hommage „Hab‘ stets an hübschen Frauen noch Gefallen“. Die „Burgdorfer Märchen“, das mythologische Schauspiel „Drachenjagd„, sein zweiter Roman „Im Garten der Hesperiden“ und die Groteske „Fäustchen“ rundeten das Herrmann’sche Oeuvre 2008 – vorläufig – ab.
Damit nicht genug: Auch Kollege Markus Zahno entdeckte seine prosaische Ader und steuerte zum Bildband „Die Fans der SCL Tigers“ Porträts über Anhängerinnen und Anhänger der Emmentaler Eishockeygötter bei; jeder Text war eine eigene, kleine Erzählung für sich, so dass die Worte genausoviel sagten wie die Bilder von Angelo Liechti; mindestens.
Hans Herrmann, Cornelia Leuenberger und ich warfen unsererseits ein paar Blicke auf die dunkle Seite des Mondes: Für den neu gegründeten Landverlag der früheren BZ-Redaktorin Verena Zürcher liessen wir uns je einen Minikrimi für die „Mordsgeschichten aus dem Emmental“ und die „Neuen Mordsgeschichten aus dem Emmental“ einfallen.
Darüberhinaus ersann Hans das Stationentheater „Gold„, das der Verein Mythos und das Theater Z im letzten Herbst in der Burgdorfer Oberstadt aufführten. Und fasste seine Recherchen im Unterholz des Übersinnlichen in den „Spukgeschichten aus dem Emmental“ zusammen.
Seit Kurzem liegt nun der jüngste Wurf eines meiner BZ-Gspändlis vor: „d Lina flügt us“ heisst Cornelia Leuenbergers Geschichte über ein etwas eigensinniges Huhn, das von seinem Hof aus die grosse, weite Welt entdecken will. Das von Stefanie Reber liebevoll illustrierte Werk wird am Samstag um 10.30 Uhr auf dem Burgdorfer Kronenplatz getauft.
Wer nicht weiss, wie er sein Kind weg vom Compi und hin zum Buch locken kann: Lina verleiht kleinen Lesemuffeln Flügel.