Liebenswerte Halunken

Irgendwie startet man „Souerei“, die erste CD der „Halunke„, mit gemischten Gefühlen: Einerseits lässt sich die Frage, ob die Welt wirklich eine weitere Berner Mundartband braucht, ziemlich schnell und zuungunsten der Band beantworten.

Andrerseits: der Oberhalunke ist Christian Häni. Die ehemalige Kopf von „Scream“ ist nicht für unausgegorene Arbeiten bekannt. Und ein begnadeter Texter mit einem feinen Händchen für Melodien, die sich bisweilen mit fast bemühender Hartnäckigkeit im Gehörgang festsetzen.

Also klickt man auf „Play“…und merkt nach einer halben Minute, dass man gerade dabei ist, sich eine der besten Scheiben anzuhören, die in der Schweiz in den letzten, sagen wir: zehn Jahren veröffentlicht worden ist. Es fägt, und zwar zünftig, vom ersten Ton bis zum Schlussakkord.

„Wir haben das Rad nicht neu erfunden, nur drehen wir es manchmal
ein bisschen anders“, sagen die Halunke über sich selber. „Anders“ war konsequenterweise schon die Methode, mit der Häni, Oliver Müller,  Simon Rupp und Christoph Berger die Werbetrommel für ihren Erstling rührten. Das Geld fürs Marketing verteilten sie, bis zur Unkennlichkeit maskiert, in verschiedenen Städten unter die Leute. Die Medienschaffenden kamen, wie erwartet, fast von alleine, um ausführlich über die Aktionen zu berichten. Der Platz, den sie den Halunke einräumten, wäre in Inserateform kaum bezahlbar gewesen.

Auf die Musik bezogen, heisst „anders“: origineller als manche auf Hitparadenplätze spanifelnde Mitbewerber, aber nicht auf Teufel komm raus lustig; hintergründiger als viele Liebesfreuden- und -leiden besingende Kolleginnen und Kollegen, aber nicht verkrampft tiefenpsychologisch; und frischer als manch gut abgehangener Lokalmatador, aber nicht ums Töten alternativ (oder was auch immer für eine Schublade aufgezogen werden könnte, um etwas einzuordnen, was nicht wie Patent Hofer aus Züri West klingt).

Das Schöne an dieser bemerkenswert sauber produzierten Scheibe ist: Man kann sie genausogut konzentriert mit dem Kopfhörer geniessen oder als Begleitmusik zum Abstauben missbrauchen. Spass macht sie so oder so. „Mit eir Hand am Mik ur angere ir Trickchischte“ setzen die Halunke den „chline Fische, wo nid so vieu chöi mischle“, ebenso liebenswürdig ein Denkmal wie Sam, dem ersten Affen im All, oder dem „Värslischmied“ Mani Matter, „em beschte vo aune“.

Die „Souerei“ besteht aus zig Kleinoden, deren wirklicher Wert sich erst beim zweiten oder dritten Hinhören erschliesst. Dennoch wirken die Songs durchs Band weg, als ob sie aus dem Handgelenk direkt ins Mischpult geschüttelt worden wären. Solche Tricks beherrschen nur ganz ausgekochte Halunken.

www.halunkeonline.ch

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