Inselleben (IV)

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Tag 4, Abend: Nachdem ich das WM-Spiel der Schweiz gegen Frankreich zum Glück extra verpasst habe, schaue ich im TV-Eggeli am Hotelpool heute den Deutschen gegen Ghana zu. Vom Barkeeper meines Vertrauens habe ich mir gegen ein kleines Bakshish einen Platz reservieren lassen. Wenig später sollte sich zeigen, dass das nicht unbedingt nötig gewesen wäre (siehe Bild oben).

Die Stimmung in unserer naturgemäss germanisch dominierten Mini-IG ist bis zum nicht alle restlos happy machenden end heiter und entspannt. Graue Haare statt Glatzen, Weisswein statt Wodka, Häkeljacken statt Hakenkreuze, Bravos statt Buhs und Röckli statt Raketen: Imagine all the Fussballfans livin‘ life immer so in peace.

Vor lauter Freude darüber, dass sich auch bei Halbzeit noch keine Toten und Verletzten zwischen den Stuhlreihen stapeln, erwäge ich kurz, „Hopp Ghana!“ zu brüllen, lasse es dann aus Rücksicht auf jene Hotelgäste, die nach dem Znacht früh in die Federn gehüpft sind, damit sie auch morgen wieder kraftvoll zubeissen können, bleiben.

Schwingpreis
(Bild: Aus dem Internet geklaut)

Zwischen Tag 4 und Tag 5: Sekunden, bevor ich am Eidgenössischen Schwing- und Älplerfest in Beinwil am See mit meinem Freund Hannes Zaugg-Graf in den Schlussgang steige (als Kampfrichter fungieren Pesche Leu von der kulturfabrikbigla, mein Brüetsch und Deutschlands Nationaltrainer Joachim Löw; als Lebendpreis winkt ein im Hallwilersee parkierter Blauwal, auf den mangels eines passenden Stalls weder mein Gegner noch ich übertrieben erpicht sind), beauftragt Elisabeth Zäch mich damit, das Schloss Burgdorf vom Keller bis zum Dach und innen und aussen schwarzgelbkariert zu bemalen, mit Neocolor, und zwar ganz alleine („wir haben kein Geld und du hast ja Zeit“), bis Ende nächster Woche.

Es dauert ein Weilchen, bis ich wieder einschlafen kann.

Tag 5, nach einer verchrügleten Nacht: Der Sommerhit des Jahres 2014 auf Gran Canaria heisst…

(Trommelwirbel, atemlose Spannung, strengstes Blitzlichtverbot)

…“Killing my softly“ , wie schon letztes Jahr und vorletztes und vermutlich auch vorvor- und vorvorvorletztes.

Irgendwie ist es schon faszinierend: Vor über 40 Jahren war „Killing me softly“, das damals noch „Killing me softly with his Blues“ hiess (vielleicht ist das wichtig, vielleicht auch nicht) – zum ersten Mal ein internationaler Hit. Gesungen hatte ihn damals Roberta Flack, und zwar so:

23 Jahre später schoss der Song in der Fassung der Fugees schon wieder an die Spitze von zig Hitparaden in Europa und Übersee. Seither kreist er wie ein Kettenbrief rund um den Erdball und legt immer genau dann einen Halt auf den Kanaren ein, wenn ich auf selbigen dem hemmungslosen Faulenzen fröne.

Wo auch immer man geht und steht und höcklet: Spätestens nach einer Viertelstunde legt Lauryn Hill los mit „Strumming my pain with his fingers, singing my life with his words…“.

Was die Hiphopballade zu einem unlöschbaren Dauerbrenner macht, hat sich mir auch nach dem achtmillionsten Zwangshören nicht zur Gänze erschlossen. Mir ist sie nach dem dritten Mal verleidet wie seinerzeit die Schule nach der ersten Pause. Dennoch scheint das Lied ein musikalischer Nenner zu sein, auf den sich sämtliche Touristen zwischen Abu Dhabi und Zagreb einigen können. So betrachtet, gibts an ihm wenig auszusetzen. Ich weiss gar nicht, was ich habe.

Wenn – nein: falls – ich in zehn Jahren nach Playa del Inglés zurückkomme, dröhnt womöglich endlich etwas anderes aus den Boxen über den Beizen und Bars. „Feel“ von Robbie Williams etwa; das kam 2002 auf den Markt und hat folglich beste Aussichen, 2024 zum neusten Heuler in den Ualaubaparadiesen zu avancieren.

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