Eine Dernière wie eine Première

Falsche Stichworte, versteckte Requisiten oder im letzten Moment abgeänderte Kostüme: In Theater-Dernièren schlägt oft die Stunde der Witzbolde und Scherzkekse. Meist gehen die mehr oder minder humoristischen Schüsse nach hinten los, weil die Gags nur Insidern verständlich sind: den Mitwirkenden auf und hinter der Bühne. Alle anderen fragen sich missmutig, ob sie ihr Geld amänd nicht für Gescheiteres hätten ausgeben können als für diesen für sie sinnfreien Klamauk.

Dankenswerterweise verzichten die Akteure des Freilichttheaters Moosegg bei der letzten Aufführung von „Eichbüehlersch – e starchi Frou“ auf derlei Einlagen. Stattdessen bietet die Equipe um Regisseur Peter Leu das Stück des Emmentaler Mundartdichters Simon Gfeller auch an diesem Finalabend so liebevoll und präzise dar, als ob es sich um die Première handeln würde. Abnützungserscheinungen sind keine erkennbar.

Das ist nicht selbstverständlich. Immerhin wirkt das ambitioniert-talentierte Laienensemble seit dem 7. Juli bei fast allen denkbaren Wetterlagen auf dem zauberhaften Plätz Wald neben dem Hotel Moosegg. Und wer schon Theater gespielt hat, weiss: So sehr diese Aufführungen auch Spass machen und so klar einem auch sein mag, dass es dem zahlenden Gast völlig egal ist, ob er der dritten oder der zweiundzwanzigsten Aufführung beiwohnt – gegen die Routinitis sind die Akteure fast so machtlos wie die Leute auf dem Eichbühl gegen das Schicksal, das ihnen einen Schlag nach dem anderen versetzt.

Doch von Unkonzentriertheiten oder Unlust ist nichts zu sehen und zu hören und auch nichts zu spüren, als auf der Moosegg das Totenglöcklein für die Spielzeit 2011 bimmelt – ganz im Gegenteil: Mit grossem Engagement zeichnen die Schauspielerinnen und Schauspieler noch einmal die Lebensläufe des wackeren Käthi, des alkoholkranken Res und all der Menschen in ihrem Umfeld nach.

Versetzt in eine Zeit, die noch gar nicht so lange zurückliegt, wie sie für manche zurückzuliegen scheint, dürfen die Leute, die das Hadern und Zweifeln und Zetern und Klagen und – ja: – das Hoffen und Glauben und Freuen und Lachen von der Tribüne aus mitverfolgen, unter funkelnden Sternen, zwischen harzig duftenden Tannen und von der wunderschönen Musik von Dany Nussbaumer begleitet, zweieinhalb wunderschöne Natur-Kulturstunden erleben.

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